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Teneriffa: Fast alles wird billiger

Wirtschaft unten, Preise auch

Hafen Santa Cruz: Umschlageinbusse durch die Krise
© tpew
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Hafen Santa Cruz: Umschlageinbusse durch die Krise
16.11.2009 - Teneriffa - Einst war vieles auf Teneriffa so teuer “wie in Brüssel”, jetzt stürzen die Preise auf “slowenisches Niveau”. Das ist das Fazit der Titelgeschichte in der sonntäglichen Wirtschaftsbeilage von Spaniens grösster Tageszeitung, “EL PAÍS”, vom 15. November 2009. Fakt ist: Die Krise trifft die auf dem Tourismus und einem in weiten Teilen vom Fremdenverkehr abhängigen Bauwesen basiernde Wirtschaft der Kanarischen Inseln besonders hart.

Das “Centro Comercial de Mueble” mit weit über 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche ist das wohl grösste Einrichtungshaus auf den Kanarischen Inseln.
 
Dort versucht man zur Zeit, durch eine Preissenkung von 30 Prozent zu verhindern, dass noch mehr Mitarbeiter ihren Job verlieren.
 
Derzeit sind hier 95 Menschen beschäftigt. Vor zwei  Jahren waren es noch 215. Das liegt im Trend.
 
Die Arbeitslosenquote auf den Kanarischen Inseln beträgt fast 30 Prozent. 

Tiefpreisregion Teneriffa
 
Derzeit purzeln in ganz Spanien die Preise. An der Spitze liegt Teneriffa.
 
Die aktuelle Studie des spanischen Instituts für Statistik verzeichnet zu Beginn des Weihnachtsgeschäftes eine nachfragebedingte Senkung des Preisindexes im Vergleich zum Vorjahr von 2 Prozent.
 
Nur bei Versicherungen, Finanzdienstleistungen und dem kürzlichen mit einer kanarischen Krisenbekämpfungssteuer belegten Tabak zeigt der Pfeil nach oben.
 
Saisonal stark schwankend
 
In Spanien hat die Wirtschaftskrise härtere Auswirkungen als anderswo. 
 
Eine der tragenden Säulen der Wirschaft des Landes ist der   saisonabhängige, derzeit extreme schwächelnde  Fremdenverkehr.
 
Hinzu kommt: Im Gegensatz zu Deutschland wohnen weit mehr als Dreiviertel der Spanier in Eigentumswohnungen oder eignen Häusern.
 
Statt einer monatlichen Miete zahlen sie eine Rate der Hypothek ab, in der eine vom Zinssatz der Staatbank abhängige Variable enthalten ist.
 
Das erschwert nicht nur die langfrIstige Finanzplanung, da jederzeit unerwartete Belastungen auf die Haushaltskasse zukommen können.
 
Im Fall eines Jobverlustes können die Folgen fatal sein, da  Zahlungsverzüge die Zinsbelastung weiter in die Höhe treiben.
 
Goldgrube als Sündenpfuhl
 
Es die dunkle Kehrseite des freien Spiels der Kräfte des Marktes. 
 
Bauindustrie und Banken haben viele Spanier in Boomzeiten mit verlockenden Angeboten geködert.
 
Jetzt zeigen die Pferdefüsse im Kleingedruckten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihre hässliche Fratze.
 
Es trifft aber nicht nur Anleger und Käufer, auch Unternehmer und Finanziers haben aus dem Vollen geschöpft ohne zuvor Eckdaten über den wirklichen Bedarf zu ermitteln.

Die Folge sind eine grosse Zahl leerstehender
Häuser und Wohnanlagen, die keiner braucht.
 
In den Fremdenverkehrsregionen hatte man vor allem ausländische Interessenten,  etwa vermögende Rentner, im Blick.
 
Jetzt rotten die Immobilien vor sich hin und sind nicht vermittelbar, da Preis, Raumprogramm und Lage an den Bedürfnissen des lokalen Marktes völlig vorbeigehen. 
 
Mangel durch Mono-Kultur

Die Kanarischen Inseln trifft die Krise erheblich härter als das spanische Festland. 
 
In der nach EU-Kriterien “ultraperipheren” Region der Kanarischen Inseln ist der Fremdenvekehr DER zentrale Wirtschaftsfaktor, da die Ansiedlung anderer Gewerbe aus Rentabiltätsgünden an hohen Transportkosten für die (in der Regel) einzuführenden Rohstoffe und die den Märkten zuzuführenden Produkte scheitert.
 
Das Fatale an der jetztigen Situation ist, dass der Tourismussektor bisher der wichtigste Auftragsgeber der kanarischen Bauindustrie war. 
 
Zu Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs wuchs der Fremdenverkehr um mehr als 25 Prozent. Im selben Masse baute die Bauindustrie ihre Kapazitäten aus und rekrutierte das notwendige Personal auf der iberischen Halbinsel und im Ausland. 
 
Grosse kanarische Bauunternehmer nahmen zwecks weiterer Expansion sogar Grossprojekte in Nordafrika in Angriff.
 
Airport als Autoplatzstellplatz
 
Das Leben auf Kredit erfasste sogar die Arbeiter aus anderen Ländern und vom spanischen Festland. Viele von ihnen nahmen Kredite auf und kauften sich neue Autos. Als die Arbeiter nicht mehr gebraucht wurden, setzten sie sich den den Flieger ´gen Heimat.
 
Viele liessen ihre neuen Autos auf den Parkplätzen der Flughäfen stehen, oftmals mit Schlüssel im Zündschloss. Quasi eine schnelle Entsorgung: Der Transport eines Fahrzeugs ins andalusische Cadíz kostet um die 400 Euro und dauert eine Woche.

Den “Schwarzen Peter” haben jetzt die Finanzierungssgesellschaften, die einst auf der Suche nach dem schnellen Profit Kredite ohne grosse Bonitätsprüfung vergaben.
 
Sie müssen in langwierigen Verfahren den bisherigen Halter ermitteln, die nicht mehr benötigten Fahrzeuge unterstellen und Zwangsversteigerungen beanraumen.
 
Millionenverluste haben sich angehäuft, denn der durchschnittliche Fahrzeugkredit belief sich auf 12.000 €.