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Das Forschungsinstitut ITER in Granadilla

Wind und Sonne

Das ITER-Institut bei Granadilla
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Das ITER-Institut bei Granadilla
25.01.2007 - Teneriffa - Auf dem Weg zu den bio-klimatischen Häusern am Meeresufer sind an diesem sonnigen Sommernachmittag die wummernden Bässe zweier rivalisierender Diskjockeys zu hören, die das ITER-Gelände mit Techno-Beats und House-Klängen beschallen.

Wasserlauf in der Mitte des Lehrpfads
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Wasserlauf in der Mitte des Lehrpfads
Auf der Bühne vor dem riesigen Windrad-Rotor am Ende des technologischen Lehrpfades singt gerade eine Sängerin Flamenco-Weisen zur Begleitung von Gitarren und Bongos.
An den verschiedenen Stationen auf dem Weg dorthin werden ver-schiedene Workshops angeboten: Vom T-Sirt-Druck bis zur esoterischen Reiki-Technik. In den Nachtstunden wird hier die sogenannte „Chill Out“-Aera sein.
 
Der Weg um den kleinen Bach wird mit dahinfliessenden Ambient-Klängen beschallt, die Büsche und Bäume am Wegesrand mit leistungsstarken Scheinwerfern mit unterschiedlichen Farben sanfter Prägung angestrahlt.

Der Lehrpfad auf dem ITER-Glände
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Der Lehrpfad auf dem ITER-Glände
Die  Botschaft des dürren Sängers der Reggae-Band mit langen verfilzten Dreadlocks auf der Rockbühne lautet gerade: „Solo amor puede conquistarnos“ – Nur die Liebe wird uns erobern. Gegen Mittenacht wird hier der Headliner, die britischen Retro-Rocker „Ocean Colour Scene“, ein mitreissendes Konzert abliefern. 
 
Die Umbaupausen werden von Jongleuren, Feuerschluckern und Kleinkünstlern überbrückt. Hin und wieder läuft ein in ein Roboter-Kostüm gezwängter Akteur durch die Menge um auf die Recycling-Ausstellung im Untergeschoss zu verweisen. Dort sind Skulpturen aus Metall- und Elektro-Schrott ausgestellt, bei denen unter anderem ausrangierte Tastaturen verwendet wurden. 
 
Außerdem kann man dort eine ausgediente Dose mit einer Botschaft, etwa „Liebe“. „Morgen“ oder „Zukunft“ beschriften und nimmt an einer Verlosung teil. An diesem Juli-Samstag  findet auf dem Gelände der ITER in Granadilla an der Südküste das “Eolica”-Festival statt. Bereits zum vierten Mal. 
 
Ziel der Veranstaltung ist es, auf eine unterhaltsame und spielerische Weise dem Publikum die Bedeutung von Recycling und regenerativen Energien näherzubringen. 

EOLICA: Unterm Windrad wird gerockt
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EOLICA: Unterm Windrad wird gerockt
Neben Musik und Performance-Darbietungen gibt es auch Vorträge und Diskussionsrunden zum Thema. Ausstellungen und Arbeitsgruppen runden das Programm ab. Sogar der Windkanal kann im Selbstversuch erprobt werden.
 
Mehr als 14.000 Besucher wurden in diesem Jahr bei “Eolica” gezählt. Die meisten kommen erst nach Mitternacht. Denn von Einbruch der Dunkelheit bis in den späten Morgen des Sonntags treten im Rahmen des Festivals die besten Techno- und House-DJs auf, um dem Pubilikum einzuheizen. 
 
Den Rest des Jahres geht es auf dem 400.000 Quadaratmeter große nGelände der ITER allerdings erheblich ruhiger zu. 
 
Seit 1990 existiert  das „Instituto Technológico y de Energías Renovables“ (ITER) im Gewerbegebiet in der Gemeinde Granadilla und ist durch die riesigen weissen Windräder unterhalb der Südautobahn vor dem strahlenden Blau des Himmels schon von weitem zu erkennen.

Im Windkanal
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Im Windkanal
Die großen weißen Rotoren sind auch Namensgeber des Festivals, ist doch Windkraft im romanischen Sprachraum als "eolische" Energie bekannt.
 
Hier, in der kargen Landschaft vor der Weite des Atlantischen Ozeans, entwickeln die Wissenschaftler des „Insitut für Technologie und Erneuerbare Energien“, so die deutsche Übersetzung des ITER-Namens, neue Wege im Bereich der nichtfossilen Brennstoffen und der Wiederverwertung. 

Außenansicht eines bioklimatischen Hauses
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Außenansicht eines bioklimatischen Hauses
Die Projekte des Institutes werden aus staatlichen und EU-Mitteln finanziert. Die Arbeit der ITER basiert auf vier Säulen. Da ist einmal die technische Abteilung, die sich in die Bereiche Elektronik und Informatik unterteilt. Letztere hat beispielsweise Websites für verschiedene Einrichtungen der Inselregierung realisiert. 
 
Dazu zählt unter anderem das „Casa de la miel“ in El Sauzal, das sich Verbesserung und wirtschaftlichen Förderung des Honigs verschrieben hat.
 
Die Informatik-Abteilung treibt auch die Vernetzung der öffentlichen Einrichtungen voran, realisiert Info-Grafiken im landwirt-schaftlichen Bereich und hat ein System zur besseren Erfassung meterologischer Daten entwickelt. 
 
Die Elektronik-Abteilung ist für die Betreuung der erforderlichen Hardware zuständig, entwickelt aber auch eigene Projekte, wie beispielsweise ein selbstgesteuertes elektronisches Auto, dass dank seines Elektro-Motors kein umweltschädliches Kohlendyoxyd ausstösst. 

Innenansicht eines bioklimatischen Hauses
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Innenansicht eines bioklimatischen Hauses
Eine weitere Abteilung ist für die  Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlung der gewonnenen Erkenntnisse zuständig, etwa im Rahmen von Kongressen und Seminaren. 
 
Die Kernbereiche der ITER sind die Umweltabteilung und die Abteilung für Erneuerbare Energien. Die Umweltabteilung beschäftigt sich mit der Untersuchung der Auswirkungen von natürlichen und vom Menschen verursachten Auswirkungen auf Luft, Boden  und Wasser.
 
Doch auch vulkanische Aktivitäten werden erforscht, nicht nur auf den Kanarischen Inseln, sondern auch in Süd- und Mittelamerika. So wurden  anhand der ausströmenden Gase vulkanische Aktivitäten sowie Magma-Bewegungen zur  Entwicklung seismologischer Frühwarnsysteme untersucht. 
 
Seismologische Karten wurden erstellt, auf denen mögliche Erdbewegungen verzeichnet sind. Sie dienen bei der territorialen  Planung dazu, von vorn herein zu verhindern, dass langfristige Bauvorhaben wie Krankenhäuser, Häfen oder Airports in Risikogebieten in Angriff genommen werden.
Der wohl wichtigste Bereich der ITER, die Erneuerbaren Energien, besteht aus den Abteilungen für Windkraft, Thermische Sonnenenergie und Photovoltaik-Solarenergie. Im Bereich der sogenannten eolischen Energie werden nicht nur Windräder und Ventilatoren entwickelt, es gibt auch einen Windkanal.

Außenansicht eines bioklimatischen Hauses
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Außenansicht eines bioklimatischen Hauses
Dort wird die Auswirkung der himmlischen Kraft auf Natur und Landschaft im Modellversuch er-probt. So wurde ihr im Rahmen der Erweiterung des Gewerbegebietes im nahegelegenen Güimar die Menge des vom Meer her angewehten Sandes ermittelt. 
 
Auch die engen Anzüge der Radfahrer des Profi-Teams KELME wurden von der ITER getestet. Auf dem Institutsgelände werden drei Windparks betrieben, die zwischen 2,83 und 5,5 MegaWatt Energie erzeugen. Die Pfeiler sind bis zu 50 Meter hoch.
 
Die  Rotoren mit einem Durchmesser zwischen 25 und 40 Metern drehen mit in einer Geschwindigkeit von bis zu neun Metern pro Sekunde.
 
Die größte Anlage wurde in Zusammenarbeit mit den deutschen Ingenieuren der Firma Enercon aus dem ostfriesischen Aurich entwickelt. Die Entwickler im Bereich der thermischen Sonnenenergie haben in den letzten Jahren einen Sonnenkollektor entwickelt, der 20 Prozent billiger ist als vergleichbare Produkte.
 
Er läßt sich besser in Fassaden integrieren und sogar als Tür- oder Fensterelement herstellen. Die klein-sten Module haben eine Fläche von einem Meter mal fünfzehn Zentimeter, die größten messen zwei mal 1,5 Meter. Alle Bauteile sind 6,5 Zentimeter stark. 

Innenansicht eines bioklimatischen Hauses
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Innenansicht eines bioklimatischen Hauses
Sie werden unter anderem in den bioklimatisierten Häusern auf dem ITER-Gelände verwendet. Dabei handelt es sich um einen Park von 25 Einfamilienhäusern, die nicht nur mit ökologischen Baustoffen errichtet und mit regenerativen Energien versorgt werden. Vor allem  auf den Lichteinfall und die Belüftung im Innenbereich wurde großen Wert gelegt.
 
Die meisten Häuser verfügen über große Glasflächen sowie große Küchen und Gemeinschaftsbereiche. Ein Teil der Gebäude ist freistehend, ein Teil wurde in Berge integriert. 
 
Alle Gebäude verfügen über Open Air-Bereiche in der Gebäudemitte oder im Außenbereich, die ermöglichen, dass man tagsüber jederzeit sowohl in der Sonne als auch im Schatten sitzen kann. 
 
Die Sonnenstände der Jahreszeiten wurden ebenso wie der Tagesrhythmus des Sonnenlichtes bei der Ausrichtung des Grundrisses berücksichtigt. Die Fassaden werden von großen Glasflächen geprägt. Wie weit die Modellhäuser zumindest für die Kanarischen Inseln auch zukunftsträchtig sind, sei dahin gestellt: Zum einen ist der Flächenbedarf sehr hoch, zum anderen dürften die kühnen Architekturvisionen nicht gerade billig sein. 

Windrad-Impression
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Windrad-Impression
Auch mit geschlossenen Energiekreisläufen beschäftigt man sich hier und hat eine Fischzucht mit angeschlossenem Gewächshaus für Salatanbau entwickelt. Ein  weiterer   Forschungsschwerpunkt ist die durch Photovoltaik erzeugte Sonnenenergie. 
 
So betreut die ITER verschiedene Anlagen dieser Art. Erst kürzlich wurden 150 Photovoltaik-Anlagen a 100 KW in Granadilla in Betrieb genommen.
 
Obwohl die Kanaren von der Sonne gesegnet sind, hinkt man, was den Einsatz dieser Form der Energiegewinnung betrifft im Vergleich zu Deutschland sehr weit hinterher, da die Behörden hier erheblich schwerfälliger funktionieren. 
 
Weitere Projekten der ITER sind die Entwicklung  schadstofffreier Busse für den Öffentlichen Nahverkehr  und die Verbesserung von Entsalzunganlagen. So gibt es auf dem „ITER“-Gelände für den Eigenbedarf eine eigene sogenannte „desaladora“. 

Das Projekt macht Sinn, denn die Bevölkerung der Insel wird weiter anwachsen. Die Wasservorräte sind trotz des hohen Niederschlagsaufkommens in den höheren Lagen begrenzt. 
 
Doch nicht nur Wissenschaftler, auch Forschungsinteressierte, lädt das  vielseitige Institut zu einem Besuch ein. Es gibt einen, von einem kleinem Wasserlauf durchzogenen  Lehrpfad.  Hier werden physikalische Erkenntnisse anhand von Modellen veranschaulicht und in mehreren Sprachen auf Informationstafeln erklärt. 
 
Zum Beispiel der Treibhauseffekt oder die Funktionsweise von  Windrädern. Nach Voranmeldung finden sogar geführte Touren statt. 

Selbst die Jüngsten machen große Augen,  wenn sie feststellen, dass der Rotor, des sich in der Ferne abzeichnenden Windrades erheblich größer ist, als man dachte, wenn man plötzlich direkt davor steht. Weitere Informationen erhalten Sie bei der ITER unter Tel.: (0034) 922 391 00 oder www.iter.es.