Heimatmuseum PinolereAusflug in die Vergangenheit | | © tfpelmarw | | | 13.05.2006 - Teneriffa - Heute prägt der Fremdenverkehr die Wirtschaft Teneriffas. Zuvor war die Landwirtschaft die Haupteinnahmequelle der Insel. Daran erinnern die Volksfeste. Doch oberhalb von La Orotava wird die Vergangenheit lebendig. In einem Museumsdorf kann das Leben der Korbflechter von einst besichtigt werden.
| | © tfpelmarw | | Die Einrichtung der Häuder war sehr karg | Um nachfolgenden Generationen ein Bild vom bäuerlichen Alltag vergangener Jahrzehnte zu vermitteln, wurde vor 20 Jahren das Völkerkunde-Freilichtmuseum in Pinolere eingerichtet. In dem Park können auf einer Fläche von 3.000 Quadratmetern kleine „pajares“ genannte Steinhütten mit Strohdächern und Katen mit Ziegeldächern besichtigt werden, in denen einst die Bauernfamilien lebten. Die Tennen und Zimmer sind im Stil vergangener Zeiten eingerichtet. Alte Ziegelöfen, Küchengeschirr, Möbel und sogar die auf der Wäscheleine hängende Arbeitskleidung von einst sind hier ausgestellt. Auch die kleinen Gehege, in denen Hühner und Kaninchen gehalten und die Beete, auf denen Heilpflanzen geerntet wurden, hat man nachgebaut. Die Siedlung Pinolere, ein Ortsteil von La Orotava, liegt auf einer Höhe von 800 Metern. Die Mehrheit der 700 Einwohner betreibt noch heute Landwirtschaft als Haupt- oder Nebenerwerb. Korbmacherhandwerk mit langer Tradition
| | © tfpelmarw | | Das Korbflechterhandwerk war weit verbreitet |
Obwohl sich der Ortsname sich von der Pinie ableitet, ist die sozioökonomische Entwicklung der Gegend stärker mit der Kastanie verbunden. Ihr Holz wurde als Baumaterial, ihre Früchte als Nahrungsmittel genutzt. Die Dokumentation des Korbmacher- und des Zimmermannshandwerks sowie die Arbeit der Steinmetze nehmen auf dem Museumsgehöft weiten Raum ein. Bereits die Ureinwohner der kanarischen Inseln flochten Körbe, da sie neben der Viehzucht hauptsächlich vom Sammeln von Früchten und Muscheln lebten. Bei den Guanchen wurde die Korbherstellung nach Meinung von Archäologen hauptsächlich von Frauen betrieben. Für die Korbproduktion werden unter anderem die Gerten von Weiden, den Zucker-, Bambus- oder Schilfrohren vergleichbare Röhrichte sowie Getreidehalme und Stroh verwendet, die separat oder in unterschiedlichen Kombinationen verarbeitet werden. Aufgrund der verschiedenen Pflanzen in den einzelnen Regionen, entwickelten sich unterschiedliche Flechttechniken.
| | © tfpelmarw | | Sogar Körbe für Maultiere wurden hergestellt |
Zu den Kunden zählten Bauern, Fisch- und Kastanienhändler, aber auch das Baugewerbe, das die Körbe zum Materialtransport in schwer zugänglichen Gegenden nutzte. Es wurden auch Behälter zum Transport von Lasten auf dem Rücken von Eseln und Maultieren hergestellt. Die Körbe wurden ab Werkstatt oder auf Märkten und Handwerksmessen verkauft. Dorthin wurden sie früher oft auf der Schulter transportiert. Als Zahlungsmittel akzeptierten die Korbhersteller nicht nur Geld, sie tauschten ihre Ware auch gegen Kartoffeln, Kastanien oder Feigen. Für die Herstellung langlebiger Qualitätsprodukte war insbesondere die Auswahl des Materials wichtig; der Preis richtete sich nicht nur nach dem erforderlichen Arbeitsaufwand sondern auch nach der Qualität des Materials. Vor der Erntezeit und der Weinlese war die Nachfrage nach Körben natürlich ganz besonders hoch. Möbeltischlerei und Zimmerleute
| | © tfpelmarw | | Holz war ein wichtiger Werkstoff |
Ein weiterer wichtiger pflanzlicher Rohstoff war das Holz. Das zeigen die Balkone und Treppen an vielen alten kanarischen Häuser, etwa an der Plaza del Charco in Puerto de la Cruz, aber auch die mit Reliefs verzierten Türen und die kunstvoll gearbeiteten Fensterläden an repräsentativen Gebäuden. Doch nicht nur Tischler und Zimmerleute, auch Instrumentenbauer benötigten Holz, beispielsweise zur Herstellung des kanarischen Saiteninstruments Timple. Anfangs wurde nur Pinien- und Buchenholz verwendet, später wurden auch Lorbeerbäume aus Indien, Kastanien und Maulbeerbäume eingeführt und angepflanzt. Im Laufe der Zeit entwickelten die unterschiedlichen holzverarbeitenden Betriebe ihre eigenen Arbeitsweisen und Spezialwerkzeuge. Ein wichtiger Sektor im Bereich der Holzverarbeitung war der Bau und die Reparatur von Fahrzeugen. Dazu zählten Kutschen sowie Wagen und Gespanne zum Güter- und Personentransport, aber auch die Konstruktion von Karren, die von Menschen gezogen wurden. Fassbauer und Wagenmacher
| | © tfpelmarw | | Steimetze zeigen im Freilichtmuseum ihr Können |
Die Betriebe waren in der Regel Familienunternehmen, die vom Vater auf den Sohn oder vom Meister auf den Gesellen übergingen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich innerhalb der Werkstätten eine Arbeitsteilung, bei der sich bestimmte Mitarbeiter auf die Herstellung einzelner Fahrzeugtypen oder -teile spezialisierten, etwa auf die Metallbänder an den Rädern. Der seit dem 16. Jahrhundert betriebene Bootsbau wäre ohne den Rohstoff Holz undenkbar. Auf den Kanaren wurden große Schiffe und kleine Barkassen hergestellt. In den Werften wurde schon sehr früh arbeitsteilig produziert. Größere Aufträge sorgten zum Teil ein ganzes Jahr für Arbeit. Handwerklich geschickte Fischer hingegen verlegten sich auf den Bau und die Reparatur kleinerer Boote. Das bevorzugte Holz für das Bootsgerüst und die Außenhaut war leicht und stabil, für Masten und Kiel wurde hartes und festes Holz verwendet. Auch für die Winzer mussten viele Bäume gefällt werden. Aufgrund der Vielzahl der kanarischen Weine mit ihren individuellen Eigenschaften wurden Fässer mit unterschiedlichem Fassungsvermögen gebaut. Im Spanischen wird ein Fass im Allgemeinen als „tonél“ oder „barril“ bezeichnet. Auf den Kanaren kamen aber auch das Transportfass „bocoy“, die kleine „barrica“ und das vom Weinschlauch abgeleitete „boto“ zum Einsatz. Der Fassbau war sehr aufwendig und erforderte mehrere Arbeitsgänge. Das bevorzugte Material waren Kastanien- und Eichenholz. Die benötigten Bäume wurden in den Bergen Teneriffas mit Beil und Säge gefällt oder mit Seilen umgerissen. Anschließend wurden die Äste und knorrigen Stellen beseitigt, die Stämme in drei Meter lange Stücke gesägt und mit Ochsengespannen abtransportiert. Beim Transport über das Meer kamen aber auch große Flösse zum Einsatz. Farbe wurde schon früh bei der Holzverarbeitung verwendet: Als Imprägniermittel, zur Dekoration oder auch um die Bedeutung bestimmter Orte, Gebäude und Gegenstände hervorzuheben, etwa durch Wappen und Altarbilder. Weiss drückte dabei Reinheit und Jungfräulichkeit aus, Blau himmlische Sphären und Gold das reine Licht und den Aufenthaltsort Gottes. Interessanterweise ist in den Chroniken der spanischen Eroberer erwähnt, dass bereits die Ureinwohner die Stämme der Drachenbäume mit rötlicher Erde und Kohle durch wappenähnliche Symbole kennzeichneten. Rot und Schwarz hatten für sie eine besondere Bedeutung. Das zeigen viele Höhlenmalereien und Ausgrabungsstücke. Während die Korbmacherausstellung und die Arbeit der Steinmetze ständig besichtigt werden kann, sind die Exponate zur Holzverarbeitung Bestandteil einer Wanderausstellung, die auf allen kanarischen Inseln in öffentlichen Einrichtungen gezeigt wird und nur zu bestimmten Anlässen im Freilichtmuseum Pinolere zu sehen ist, etwa bei der Handwerksmesse, die Anfang September stattfindet und rund 40.000 Besucher anzieht. Dort kann Handwerkern in Werkstätten verschiedener Bereiche über die Schulter geschaut werden.
Weitere Informationen: Pinolere Proyecto Cultural C/ Germinal 36 38310 Pinolere La Orotava Tel.: 922 33 67 33
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