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Teneriffas Weihnachtstrubel

Selten still, dafür geschäftig

Leuchtfiguren der Heiligen Drei Könige in La Laguna
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Leuchtfiguren der Heiligen Drei Könige in La Laguna
24.12.2010 - Teneriffa - In vielen Ländern der Welt locken Lichterketten die Menschen in der Vorweihnachtszeit in die Einkaufszentren. Im Stadtbild und in der Werbung sind Bilder von Figuren und Symbolen mit Weihnachtsbezug zu sehen. Trotzdem: Weihnachten ist ein Fest dass überall mit unterschiedlichen Bräuchen mit begangen wird. Da spielt die Religion mit hinein, die Tradition, oder auch schlicht und ergreifend regionale Besonderheiten in Bezug auf die Umsatzmaximierung.

Lichterketten in La Lagunas Innenstadt
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Lichterketten in La Lagunas Innenstadt
Während in Deutschland am Heiligen Abend das Weihnachtsgeschäft gelaufen -am 27. Oktober wird nur fleissig umgetauscht - beginnt der Rummel in Spanien am 26. Dezember erst so richtig. Selbst wenn er auf einen Sonntag fällt. Denn dieser Tag ist kein Feiertag.

Protest von Saharai-Sympathisanten un der
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Protest von Saharai-Sympathisanten un der "Noche Blanca"
Eine Adventszeit wie in Deutschland mit den  typischen Kränze und Kalendern mit dem 24-Türen-Countdown gibt es in Spanien nicht.  
 
Dafür tauchen die erste Vorboten des Weihnachtsgeschäftes, etwa Leuchtfiguren an Kaufhausfassaden oder Lichterketten, bereits Mitte November auf.
 
 
"Noche Blanca" Konsum-Fete ganz in Weiss
 
Der eigentliche Start ins Weihnachtsgeschäft beginnt am Freitag vor dem ersten Adventssonntag mit der "Noche Blanca".
 
Das eine Mischung aus Einkaufsrummel und Volksfest, die sich iin Spanien seit einigen Jahren grosser Beliebtheit erfreut.
 
Im vergangenen Jahr wurde die "Weisse Nacht" erstmals auf Teneriffa und zwar in det Altstadt von La Laguna veranstaltet.

Weihnachtsinszenierung am Fuss der Riesentanne im Einkaufszentrum
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Weihnachtsinszenierung am Fuss der Riesentanne im Einkaufszentrum "Meridiano"
Zur Überraschung der veranwortlichen Stadträte stürmten zehntausende von Menschen in die Innenstadt. 
 
In diesem Jahr wurde deshalb ein Programm mit verschiedenen Bühnen auf die Beine gestellt. 
 
Natürlich gab es dort auch Stände mit Weihnachtsleckereien wie Zuckerwatte oder dem schokaladenähnlichen Turron, sowie geröstete Kastanien an Buden, die nach den Festen des Weinmonats November nicht gleich abgebaut worden waren. 
 
Auch die Sympathisanten des Saharaui-Volkes nutzten den Anlass, um für die Anliegen der nordafrikanischen Volksgruppe zu demonstrieren.
 
Kurz zuvor hatte es  Unruhen in der von den Kanaren nicht weit entfernten marrikanischen Hafenstadt El Auín gegeben, bei der die  marokkanischen Regierung die Armee einsetzte. Die Folge waren mehrere Tote Demostranten.
 
Spanien hat eine besondere Beziehung zu beiden Völkern. Zur Franco-Zeit war der Süden Marrokos in dem die Saharaui zuhause sind, eine spanische Kolonie. Nach dem Abzug der spanischen Truppen marschierten die Marokkaner ein und besetzten das Land. Daraufhin bildeten sich die Befreiuungsbewegungen. 
 
Weihnachtsmann, Papa Noél, Santa Claus
 
Einen Niklolaus-Brauch, bei dem Schuhe vor die Tür gestellt werden, gibt es in Spanien nicht.

Rentier Rudolf in Arbeitskleidung
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Rentier Rudolf in Arbeitskleidung
Und das, obwohl der 6. Dezember ein Feiertag ist. Es ist allerdings der Tag der spanischen Verfassung. 
 
Der Weihnachtsmann heisst in Spanien - wie auch in Frankreich - Papa Noél und übernimmt am 24. Dezember die Funktion des deutschen Nikolaus. 
 
Das heisst, er bringt zwar Geschenke, aber nicht so richtig viele. Dafür ist er als Kletterpuppe an vielen Balkons präsent. 
 
Der Grund für die eher zurückhaltende Performance dürfte wohl die etwas rätselhafte Herkunft des Weihnachtsmanns sein. Die Figur geht  unter anderem auf das russische "Väterchen Frost" zurück und hatte deshalb in der Frühzeit sogar einen blauen Mantel. 
 
Richtig bekannt wurde der rauschebärtige Geschenkbote, der im englischen Sprachraum als "Santa Claus" firmiert, erst als Protagonist von Werbekampagnen, mit denen der Getränke- Hesteller "Coca Cola", vor gut einem Dreivierteljahrhundert begann. 
 
Die Vermischung von Bräuchvermischung ist nicht neu. Im Christentum finden sich viele heidnische Rituale wieder. 
 
Manchmal passiert das auch in umgekehrter Form: So schimpft die katholische Kirche Spaniens seit Jahren darüber, dass die Kürbis-Totenschädel-Fete "Halloween", ein Fest heidnischen Ursprungs am Vorabend des katholischen Feiertages "Todos Santos", auf Deutsch "Allerheiligen", auf der iberischen Halbinsel immer beliebter wird. 

Zuckerwatteverkäufer in der
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Zuckerwatteverkäufer in der "Noche Blanca"
Wobei hinzugefügt werden, muss dass "Todos Santo" von einem Papst namens Urban vor ein paar hundert Jahren eingeführt wurde, um all der Heiligen zu gedenken, die nicht in den Jahreskalender passten, oder irgendwie vergessen worden waren. 
 
Anders gesagt der dicke Mann mit dem weissen Bart und roten Outfit ist religionstechnisch nicht so richtig zu verorten.
 
Er besucht die Spanier unter dem Künstlernamen  "Papa Noel" in der "Noche Buena", der "Guten Nacht" am 24. Dezember - im Gegensatz zur "Noche Vieja", der "Alten Nacht", auf Deutsch auch Sylvester genannt" - und hat so eine Art Lückenbüsser-Funktion. 
 
 
"Reyes  Magos": Ursprung der Weihnachtslogistik
 
Einen weihnachtlichen Geschenke-Service gab es bereits lange vor dem Auftauchen des Weihnachtsmanns.  
 
Es handelt sich dabei um die "Reyes Magos", die "Heiligen Drei Könige" der Bibel, die dem Christkind dem Stern folgend Gold, Weihrauch und Myrre vorbeibrachten. 

Eine Rute oder gar die Androhung von Dresche für die ungezogenen Kinder wie beim deutschen Nikolaus gibt es nicht. 
 
Die bösen Buben werden mit Kohle abgestraft. 
 
Spaniens zweitgrösste Sportzeitung verteilt aufgrund dieser Tradition keine Schulnoten, sondern vergibt "oro / Gold", incienso / Weihrauch", "mirra / Myrre" und "carbón / Kohle" und zwar in dieser Reihenfolge. 
 

Die Christkind und Jesus-Beziehung
 
Vielleicht sollte dazu gesagt werden, dass es in Spanien  das "Christkind" nicht gibt: Es ist eine deutsche Schöpfung, so wie "Jesus" im spanischsprachigen Raum noch heute ein sehr geläufiger Vorname ist. 
 
Der Säugling im Stall von Ochs und Esel firmiert unter "Niño", das "dem Kind", das in Lateinamerika teilweise sogar die Geschenke bringt. 
 
In Spanien wurde vor rund siebzig Jahren die - nach dem Vorweihnachtsspiel "El Gordo" - zweitgrösste Lotterie des Landes so getauft.
 
Passenderweise werden die  "Niño"-Gewinner  am Tag der Heiligen Drei Könige ermittelt, dem wohl wichtigsten Feiertag des Jahres, wenn man den betriebenen Aufwand und den daraus resultierenden, oder zumindest erwarteten Umsatz betrachtet. 
 
Am Vorabend des sechsten Januar ist ganz Spanien im Kaufrausch. Die Kaufhäuser sind so lange geöffnet, bis alle Regale vom Käuferheer leergeräumt worden sind. 
 
Das ist in der Regel der Fall, wenn die ersten Busse des öffentlichen Nahverkehrs bereits wieder den Betrieb aufgenommen haben. 
 

Kaspar, Melchor Balthasar: Mehr als ein Feiertag 

Am Vorabend gewähren die "Reyes Magos" ihre Audienz.
 
Sie kommen auf Kamelen zu örtlichen Aufführungen der Weihnachtsgeschichte mit Dutzenden von Darstellern und mehreren hundert Zuschauern oder werden per Hubschrauber in Fussballstadien eingeflogen.
 
Anschliessend ziehen sie, mit Bonbons um sich werfend, durch die von Zuschauermassen gesäumten Strassen.
 
Dann geht es ab nach Hause zur heimischen Bescherung.
 
Am siebten Januar ist alles vorbei und am folgenden Wochendende beginnt der Winterschlussverkauf.
 
Das ganze klingt für deutsche Ohren vermutlich eher unglaublich, eher nach einer Lügengeschichte, wie sie am ersten April erzählt wird, ist aber wirklich so.
 
Ach ja. So etwas wie den "Ersten April" gibt es in Spanien auch. Es ist der 28. Dezember, der "Día de los Innocentes" - der "Tag der Unschuldigen". Der Lügner dagt daher nichrt "April, April" sobdern "innocente, innocente".