Teneriffa      La Palma      La Gomera      El Hierro


Biologen nutzen "Whale Watching" für Forschungszwecke

Wal voraus

Ein Wal - ganz nah
© tenpan
Vergrößern
Ein Wal - ganz nah
06.02.2011 - Teneriffa - “Buena proa” ist im Spanischen die seemännische Umschreibung für gute Fahrt. “Buena” bedeutet “gut”. Der Begriff “proa” bezeichnet den Bug. Es ist aber auch der Name einer Initiative, die Umweltschutz und Fremdenverkehr im Rahmen der Wal-Exkursionen vor den Kanarischen Küsten verbindet. Dabei setzen die Mitglieder sowohl auf wissenschaftliche als auf pädagogische Mittel.

Wale vor Teneriffas Südwestküste
 © tenpan
Vergrößern
Wale vor Teneriffas Südwestküste
An den weissen Stränden zwischen Los Cristianos in der Gemeinde Arona und La Caleta, der Nordgrenze der Costa Adeje, herrscht stets grosser Trubel.
 
Doch nur wenige hundert Meter entfernt von den dichtbevölkerten Badezonen der Fremdenverkehrszentren beginnt unter den Wellen der Lebensraum für eine Vielzahl unterschiedlicher Meeresbewohner.
 
Dazu zählen auch die Wale.  27 unterschiedliche Arten der riesigen Meeressäuger wurden bereits in den mehr als 1.000 Meter tiefen Gewässern zwischen La Gomera und Teneriffa gesichtet.
 
Einige von ihnen leben das ganze Jahr über dort, andere durchqueren die rund 30 Kilometer breite Wasserschlucht zwischen den beiden Vulkaninseln auf ihrer langen Reise zwischen dem südlichen Atlantik und den üppigen Jagdrevieren im hohen Norden. 
 
Flossen zwischen den Wellen
 
27 verschiedene Wal-Arten! Für Michael, den Fremdenführer an Bord der “Freebird One”, der an diesem sonnigen Sonntagmorgen die Reisegruppe betreut, ist das ein Fall für das "Guiness-Buch der Rekorde".

Der Grindwal: Eine Hirnhälfte wacht im Schlaf
 © tpew
Vergrößern
Der Grindwal: Eine Hirnhälfte wacht im Schlaf
“Weltrekord”! ruft er laut den Gästen zu. Sie sind etwas skeptisch, denn nach fünf Minuten Fahrt auf dem riesigen Katamaran ist von Walen noch keine Spur zu sehen. 
 
”Machen Sie sich keine Sorgen", fährt Michael fort, “Sie bekommen mit Sicherheit Wale zu sehen. Man braucht nur ein bisschen Geduld . . .”
 
Die mit Kameras behängten Touristen beäugen den Reiseleiter weiterhin ein wenig misstrausch.
 
Doch eine knappe Viertelstunde später ist das auf einen Schlag vorbei: Zwischen den schwappenden Wellen sind die ersten dunklen Rückenflossen zu sehen. 

Walflossen vor La Gomera
 © tenpan
Vergrößern
Walflossen vor La Gomera
Sofort drängt alles an die Reling, um das Objekt der Begierde, - nicht mehr wie einst Jaques Costeau auf Zelluloid, sondern dem heutigen technischen Standard entsprechend  - detailliert und in Tausende von Pixeln aufgeteilt ganz digital auf den Chip zu bannen.
 
Der Skipper hat bei Sichtung der Wale bereits den Motor in den geräuschärmeren Leerlauf runtergeschaltet. 
 
Das ist seine Pflicht, wenn das Boot näher als sechzig Meter an die Wale herankommt.
 
Delikatesse Tintenfisch
 
Die Flossen gehören Grindwalen, drei bis sechs Meter langen und bis zu drei Tonnen schweren Wasserwesen, deren Hauptnahrung Riesentintenfische sind.

Feriengäste mit Ausflugsziel
 © tfp
Vergrößern
Feriengäste mit Ausflugsziel
Sie schnappen sich die Tentakeltiere mit den bis zu zwölf Meter langen Greifarmen in den unteren Regionen der Wasserstrasse zwischen den beiden Felsmassiven, die das Fundament der Inseln bilden, und zerren ihre Beute mit hohem Tempo in Richtung Wasseroberfläche empor. 
 
Den Beutetieren “platzt bei diesem rasanten Aufstieg der Kopf”, weiss Fremdenführer Michael.
 
Es gibt spektaktuläre Fotos, auf denen Vertreter dieser eher kleinen Walart aus der Familie der Delfine mit Krakenarmen im Maul über die aufgewühlte Wasseroberfläche hüpfen. 
 
In den tiefen Gewässern zwischen Teneriffas Südweste Küste und La Gomera leben mehr als 500 Grindwale.
 
Sie sind nachtaktive Tiere. Tagsüber ruhen sie.
 
Im Gegensatz zum Menschen atmen sie im Schlaf "bewusst". 
 
Das bedeutet, dass eine der beiden Hirnhälften weiterhin aktiv ist, so dass die Tiere äussere Einflüsse aufnehmen und im Gefahrenfall reagieren können. 
 
Die Boote der Wal-Touren kennen sie aber bereits.
 
Im Laufe der nächsten halben Stunde trauen sich mehrere der grauen Gesellen so nah an das  Boot heran, dass sogar die Luftlöcher an der Oberseite der massigen Kopfpartien mit blossem Auge zu erkennen sind.
 
Ein Grindwal springt formvollendet direkt neben der Bordwand  mit seinem ganzen Körper aus den Wellen heraus.
 
Wissenschaftler vor Ort
 
Auch die Meeresbiologin Maria del Mar ist an Bord. Ausgestattet mit einem riesigem Teleobjektiv fotografiert sie mit ihrer Digitalkamera die Wale.

Wal-Fahrt: Der Steuermann muss viele Regeln beachten
 © tenpan
Vergrößern
Wal-Fahrt: Der Steuermann muss viele Regeln beachten
Später am Computer archiviert sie die geschossenen Bilder systematisch, um den Bestand der Wale und seine Entwicklung zu dokumentieren.
 
Zur Identifizierung der einzelnen Exemplare dienen neben Grösse und Gewicht unveränderliche Merkmale der Tiere. Dazu zählen die Form von Flossen und Luftloch oder  Narben, die sich die Tiere bei Kämpfen von Artgenossen zugezogen haben.
 
Maria del Mar ist auch Präsidentin der Initiative “www.buenaproa.com”, einem Verein, der die Erforschung und den Schutz der Meere zum Ziel hat.

Wal-Tour: Bordimpression
 © tenpan
Vergrößern
Wal-Tour: Bordimpression
Die Mitglieder von “buenaproa” haben ein besonderes Verfahren zur Ermittlung des Tierbestandes entwickelt: Zahlreiche Schiffsführer, insbesondere die Besatzungen der "Whale Watch"-Boote notieren ihre Beobachtungen während der Törns auf vorbereiteten Meldebögen.
 
Die Erkenntnisse werden von den "buena proa"-Meeresbiologen ausgewertet. 
 
Auf den erwähnten Formularen mit Datum, Uhrzeit sowie Längen- und Breitengrad im Kopf, werden  Zahl und Art der beobachteten Wale vermerkt; ebenso Alter und Verhalten der Tiere.
 
Es gibt unter anderem die Rubriken “junge Tiere” und “Neugeborene”, oder, in Bezug auf Verhaltensmerkmale, Kriterien wie “Ruhephase”, “Durchreise”, “zutraulich” und “scheu”. 
 
Zeugnisse und Lehrmaterial 
 
Derzeit bereiten die Mitglieder der Organisation ein Qualitätszertifikat vor, mit dem Bootsbesitzern nach einer eingehenden Prüfung von Schiff, Material und Arbeitsweise umweltschonende Standards bescheingt werden.  

Teneriffa-Süd; Walflossen und Berge
 © tenpan
Vergrößern
Teneriffa-Süd; Walflossen und Berge
Die Einhaltung der Richtlinien wird später regelmässig überprüft.
 
Ausserdem sollen die "Whale Watch"-Boote verstärkt für Forschungszwecke genutzt werden.
 
In Zukunft werden bei vielen Ausflugsfahrten  Biologen mit an Bord sein.
 
Dabei soll ein Verhaltenscode für Skipper und Mannschaft zur Schonung und zum Schutz der Meeresbewohner erarbeitet werden.
 
Ausserdem werden die Wissenschaftler Schiffsbesatzungen und Passgiere mit Fakten über das Meer und das Leben unter der Wasseroberfläche versorgen. 
 
Dafür werden spezielle Lehrmaterialien entwickelt.
 
Das ist vor allem die Aufgabe von Marias deutscher Kollegin Maren.
 
Als pädagogische Mitarbeiterin im deutschen Nationalpark Wattenmeer Schleswig-Holstein hat sie viel Erfahrung, Feriengästen auf spielerische Weise die wichtige Bedeutung der Meere zu vermitteln.
 
Fremdenverkehr und Umweltschutz 
 
Das junge Projekt  wurde bereits von der Nachhaltigkeitsinitiative "Futouris" zum "Project of the Year" ernannt. 

Meeresäugetier Grindwal
 © tenpan
Vergrößern
Meeresäugetier Grindwal
Hinter dem ebenso eingängigen wie enigmatischen Name “Futouris”, der aus Silben von zwei Wörtern lateinischen Ursprungs zusammengesetzt ist, die im deutschen Sprachgebrauch für Zukunft und Fremdenverkehr stehen, verbirgt sich eine deutsche Organisation, die sich der sogenannten “Nachhaltigkeit” verschrieben.
 
Mit diesem im Deutschen eher sperrig klingenden Begriff, der sich vom englischen “sustainability” und der spanischen “sostenibilidad” ableitet, ist der  verantwortungsvolle Umgang mit den Rohstoffen gemeint.
 
Oder anders gesagt: Die Forderung, dass regenerierbare lebende Ressourcen nur in dem Maße genutzt werden, wie die Bestände natürlich nachwachsen. 
 
Darum unterstützt der von der Rechtsform her eingetragene Verein „Futouris e.V.“ Projekte zur Verbesserung der Lebensverhältnisse, zum Erhalt der biologischen Vielfalt und des Umwelt- und Klimaschutzes in vielen Lándern.
 
Zu den Hauptförderern gehört die Tourismus-Branche.
 
Der Grund dafür ist, dass auch die Reise-Unternehmen erkannt haben, dass die grosse Zahl Touristen in beliebten Feriengebieten nicht nur eine Einnahmerquelle für die Bevölkerung darstellt, sondern auch eine nicht zu unterschätzende Belastung für Natur und Umwelt ist, so dass Mittel und Wege gefunden werden müssen, um negative Begleiterscheinungen des Fremdenverkehrs so gering wie möglich zu halten.
 
Weitere Informationen:
www.buenaproa.org
www.futouris.org